Klinische Neurophysiologie 2022; 53(02): 120
DOI: 10.1055/a-1734-1190
Geschichte der klinischen Neurophysiologie

50 Jahre VEP Muster

Walter Paulus
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Vor 50 Jahren eröffnete die Arbeit “Delayed visual evoked response in optic neuritis. Lancet 1, 982–985 (1972)“ von Halliday, Mushin und McDonald (visuell evozierte Potentiale: VEP) eine neue Ära der neurophysiologischen Diagnostik [1]. Vor dieser Veröffentlichung waren bereits Daten über blitz-evozierte Potentiale erschienen, die jedoch, wie man heute weiß, interindividuell schwer standardisierbar sind und nur noch eine Rolle in der seitenvergleichenden Diagnostik bei nicht kooperationsfähigen Patienten spielen. Mit der von Halliday und Koautoren eingeführten Schachbrettstimulation wurde eine positive Komponente über dem primären visuellen Kortex bei 100 ms nachgewiesen, deren Verzögerung zum Goldstandard im Nachweis von pathologischer Remyelinisierung des Nervus opticus wurde. Die Robustheit dieser P100 überrascht auch nach vielen Jahren, wenn man sich vor Augen führt, dass einerseits foveale Information den visuellen Kortex erst nach 60 ms erreicht [2], andererseits parafoveale und periphere Afferenzen aufgrund der dickeren und schneller leitenden Optikusfasern schon nach etwa 30 Sekunden nachweisbar sind [3]. Gleichwohl führt die intrakortikale Verarbeitung vorwiegend im striatalen Kortex (V1) zu dieser konstanten P100 Komponente. Mit Hilfe von Mehrkanalableitungen lassen sich auch sequentielle Aktivierungen höherer Sehareale zeigen, die jedoch in der klinischen Diagnostik nie eine Rolle gespielt haben [4] [5].



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Article published online:
09 June 2022

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